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Schädel-Hirn-Trauma (SHT)

Durch die großen Fortschritte der Medizin in der Erstbehandlung, der chirurgischen Behandlung sowie in der Intensivmedizin ist die Sterblichkeit nach schweren Verletzungen des Gehirns gesunken. Es überleben dank eines ausgebauten Rettungssystems, einer leistungsfähigen Erstbehandlung und einer technisch hochgerüsteten Intensivtherapie etwa 70 Prozent der Betroffenen eine schwere Gehirnverletzung, allerdings häufig mit neurologischen und kognitiven Defiziten (d. h. körperliche und geistige Einschränkungen). Die Anzahl der Überlebenden nach Schädel-Hirn-Trauma (SHT), die in einem zunehmenden Ausmaß einer Neurorehabilitation bedürfen, ist also stark angestiegen.

Menschen, die eine Verletzung des Gehirns erleiden, sind von unterschiedlichsten Veränderungen betroffen. Die Hirnverletzung trifft Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige hart und ohne jede Vorbereitung. Wahrnehmung, Beweglichkeit, Sprache und Gedächtnis sind nach Gehirnverletzungen von einem Tag zum anderen und oft schwer beeinträchtigt. Die Betroffenen zeigen für Verwandte und Bekannte ungewohnte Reaktionen und mitunter verstörende Verhaltensweisen.

Heute gibt es auch noch nach Wochen und Monaten im Koma durchaus eine Chance auf eine erfolgreiche Neurorehabilitation. Die Neurorehabilitation nach SHT ist für alle Beteiligten ein langer, mühevoller und oft schmerzhafter Weg. Wirksame Hilfe durch Neurorehabilitation wahrt hier bedingungslos die Würde aller Beteiligten.

Theoretische Grundlage der Neurorehabilitation nach Schädelhirnverletzungen ist die Plastizität (d. h. die Umstrukturierungsfähigkeit) des Nervensystems, die Anpassungs- und Restrukturierungsprozesse umfasst und durch Rehabilitation mit der notwendigen Bedingung einer hohen Übungsfrequenz gefördert wird. Die Neuroplastizität des Gehirns ist sehr viel größer als früher angenommen wurde. Die Adaptions- und Lernfähigkeit nimmt zwar mit dem Alter ab, aber bei Weitem nicht so stark wie vermutet.

Lange Zeit dachte man, die Hirnentwicklung sei irgendwann in der Jugend abgeschlossen und die neuronalen Netzwerke seien endgültig angelegt. Mittlerweile steht aber fest, dass sich auch im erwachsenen Gehirn noch neue synaptische Verschaltungen bilden können. Außerdem können für bestimmte Aufgaben zusätzliche Hirnregionen rekrutiert werden. Dank dieser Neuroplastizität "kann Hans also durchaus noch lernen, was Hänschen nicht gelernt hat" - auch wenn es mit den Jahren deutlich schwerer fällt.

Die Behandlungsfortschritte können nicht bei allen Patientinnen und Patienten im gleichen Ausmaß und auch in der gleichen Zeit erreicht werden und sind letztlich von der Schwere der Gehirnverletzung abhängig.